Wie sensibel Hefe auf Temperaturschwankungen reagiert, zeigen die Messwerte meiner Gärungsverläufe.
Gerade läuft bei mir die zehnte Gärung unter Kontrolle von Brewfather und mit Messwerten einer iSpindel und eines Plaato Airlock. Wie ich schon an anderer Stelle erwähnt habe, geht es mir bei den Extraktmesswerten nicht um korrekte Absolutwerte, sondern hauptsächlich um relative Veränderungen und Tendenzen während des Gärverlaufes. Und genau hier mache ich gerade wieder eine für mich interessante Beobachtung.
Zur Erklärung der aktuellen Gärung und des nachfolgenden Diagramms sei gesagt, dass ich einen Grainfather Fermenter, also einen doppelwandigen Edelstahltank, verwende. Er steht in meinem Wohnzimmer, das thermostatgesteuert rund um die Uhr recht genau auf 22 °C Raumtemperatur gehalten wird. Da ich die Gärung anfangs bei ca. 18 °C verlaufen lassen möchte, schicke ich Wasser durch den Kühlmantel des Fermenters. Das Wasser wird von meinem Durchlaufkühler gekühlt und von einer Pumpe gesteuert vom Fermenter-Controller befördert. Der Controller hat eine Temperatursonde im unteren Bereich des Fermenters.
Die iSpindel schwimmt natürlich an der Oberfläche und so hängt deren Temperatursonde ca. 5 cm unter der Oberfläche des Jungbieres.
Im Diagramm können wir ablesen, dass die vom Controller eingeregelte Temperatur von 18 °C auch an der iSpindel recht gut gehalten wird: Die dunkelblaue Kurve senkt sich anfangs ab und pendelt dann sägezahnförmig um 18 °C: Jedes Mal, wenn die Kühlung für einige Minuten anspringt, sinkt die Temperatur an der iSpindel knapp unter 18 °C, steigt dann langsam über 18 °C, bis wieder die nächste Kühlung einsetzt.
Die hellblaue Kurve zeigt übrigens die Temperatur, die vom Plaato Airlock, also oben am Deckel außerhalb des Fermenters gemessen wird. Der Wert von rund 21 °C sieht angesichts der Raumtemperatur von 22 °C und der Würzetemperatur von 18 °C sehr plausibel aus.
Die rote und schwarze Kurve wollen wir hier vernachlässigen. Sie zeigen die ungefähren Gravity-Werte von iSpindel und vom Airlock. (Ich fürchte, ich habe in der Plaato App den Sud irgendwie falsch konfiguriert. Sonst liegen die Kurven nicht so weit auseinander. – Aber wie gesagt: Wichtig ist mir hier eh nur die Tendenz.)
Worauf ich heute besonders hinweisen möchte, ist die grüne Kurve. Sie zeigt die „Beats Bubbles per Minute“ (BPM), die vom Airlock gezählt werden, also die momentane Gäraktivität. Ich finde es sehr bemerkenswert, wie konsequent die Aktivität mit jeder leichten Würzeabkühlung um weniger als 1 °C sehr deutlich einbricht!
Gelesen habe ich es ja schon oft: Hefe ist sensibel! Wie groß der Einfluss solcher Temperaturschwankungen während der Gärung auf die Bierqualität ist, können wir aus diesem Experiment aber selbstverständlich nicht ableiten.
Interessante Überlegung. Nach etwas Nachdenken, ob das wirklich sein kann, glaube ich aber dass hier eher die Druckabnahme durch Abkühlung der Flüssigkeit und Druckzunahme durch die Ausbreitung beim Erwärmen für die Schwankung im Auftreten der Blubberblasen verantwortlich ist…
Ah. Guter Einwand. Danke!
Mit einer Abschätzung des Volumens eines Bläschens hätte man wohl alle Größen, um das mal rechnerisch durchzuspielen. „Gefühlt“ schätze ich den Volumen- und Druckverlust bei Abkühlung um 1 °C recht gering ein – geringer jedenfalls als das weniger abgegebene Gasvolumen durch das Airlock. Aber sicher bin ich mir da keineswegs.
Nochmals vielen Dank für Deine Überlegung, Felix!
Das ist relativ leicht durch die Löslichkeit von Kohlenstoffdioxid in Abhängigkeit zur Temperatur zu erklären. Je kälter (bis zu einem gewissen Punkt) desto mehr Kohlenstoffdioxid kann in Wasser gelöst werden, ergo wird auch weniger frei gesetzt, wenn der Kühler anspringt und runter kühlt.
Gruß
Stimmt. Das ist eine einfache und plausible Erklärung. Die gesamte Flüssigkeit ist ja gewissermaßen ein Puffer zwischen Hefe und Airlock, und zwar mit einer Kapazität, die von der Temperatur abhängig ist. Danke, Jan!