Einführung in die Richtlinien von 2015

Einführung in die Richtlinien von 2015

Die Stilrichtlinien aus dem Jahr 2015 („2015 BJCP Style Guidelines“) sind eine grundlegende Überarbeitung der Ausgabe von 2008. Die Ziele der neuen Ausgabe sind: eine bessere Berücksichtigung der globalen Bierstile, so wie sie auf den lokalen Märkten anzutreffen sind, ein Schritthalten mit aufkommenden Trends auf dem Craft-Beer-Markt, eine Beschreibung historischer Biere, die heutzutage eine Anhängerschaft finden, eine bessere Beschreibung der sensorischen Eigenschaften moderner Brauzutaten, eine Berücksichtigung aktueller Forschungserkenntnisse und Referenzen, sowie eine Hilfestellung für die Organisatoren von Wettbewerben um die Komplexität ihrer Veranstaltungen besser zu managen.

Es wurden viele neue Stile hinzugefügt und einige vorhandene Stile wurden in mehrere Kategorien unterteilt oder einfach umbenannt. Die Gruppierung von Stilen in Kategorien basiert auf einer neuen Philosophie, bei der nun Stile mit ähnlichen Bewertungsmerkmalen gruppiert werden und nicht mehr solche mit gemeinsamer Herkunft oder ähnlichen Familiennamen. Gehen Sie nicht davon aus, dass für jede Kategoriegruppierung dasselbe primäre Merkmal (z. B. Farbe, Stärke, Ausgewogenheit, dominanter Geschmack, Herkunftsland) verwendet wurde – die Kriterien sind variabler und differenzierter. Es wurden einige Änderungen vorgenommen, so dass wir bei zukünftigen Überarbeitungen agiler vorgehen können. Schließlich haben wir einige zusätzliche Hinweise zur Verwendung der Richtlinien ergänzt, um das bei früheren Ausgaben festgestellte Potential einer falschen Verwendung zu verringern.

Falls Sie mit den Richtlinien von 2008 vertraut sind, beachten Sie bitte, dass sich viele Kategorienamen und -nummern verändert haben. Beachten Sie ferner, dass wir einen Abschnitt Einführung in die Bierstile hinzugefügt haben, so wie wir es in der Vergangenheit mit den Met- und Aplfelwein(„Cider“)-Stilen getan haben. Dieser neue Abschnitt befasst sich mit allgemeinen Eigenschaften von Bier und Attributen, von denen typischerweise angenommen wird, dass sie vorhanden oder nicht vorhanden sind, sofern nicht anders angegeben.

Stile und Kategorien

In den BJCP-Stilrichtlinien werden bestimmte Begriffe mit einer speziellen Bedeutung verwendet: Kategorie („Category“), Unterkategorie („Subcategory“) und Stil („Style“). Wenn man an Bier-, Met- und Apfelweinstile denkt, ist die Unterkategorie die wichtigste Kennzeichnung – Unterkategorie bedeutet im Wesentlichen dasselbe wie Stil und kennzeichnet das Hauptmerkmal einer Bier-, Met- oder Apfelweinsorte. Jeder Stil hat eine genau definierte Beschreibung, die das Grundwerkzeug für eine Beurteilung darstellt. Wenn sich Beschreibungen von Spezialbieren auf einen klassischen Stil beziehen, meinen wir einen benannten Stil (Unterkategoriename) in den BJCP-Stilrichtlinien. Weitere Informationen finden Sie im Abschnitt Einführung in Spezialbiere.

Bei den größeren Kategorien handelt es sich um willkürliche Gruppierungen von Bier-, Met- oder Apfelweinstilen, die normalerweise ähnliche Merkmale aufweisen. Einige Unterkategorien müssen jedoch nicht unbedingt mit anderen in derselben Kategorie verwandt sein. Der Zweck der Struktur innerhalb der BJCP-Stilrichtlinien besteht darin, die Stile von Bier, Met und Apfelwein zu gruppieren, um die Beurteilung im Rahmen von Wettbewerben zu erleichtern. Versuchen Sie nicht, aus diesen Gruppierungen eine zusätzliche Bedeutung abzuleiten. Eine historische oder geografische Zuordnung ist nicht impliziert.

Wettbewerbe können unabhängig von den Stilkategorien dieser Richtlinien ihre eigenen Wettbewerbskategorien ausrufen. Es ist nicht erforderlich, dass bei Wettbewerben Stilkategorien als Wettbewerbskategorien dienen! Einzelne Stile können in beliebiger Weise gruppiert werden, um die gewünschten Wettbewerbskategorien zu erstellen, beispielsweise um die Anzahl der Einreichungen in jeder Wettbewerbskategorie auszugleichen.

Stilkategorien erscheinen für Bewertungszwecke zwar nützlich, da sie Biere mit ähnlichen Wahrnehmungseigenschaften gruppieren, wir erkennen jedoch, dass dies möglicherweise nicht der beste Weg ist, um etwas über Bierstile zu lernen. Zur Veranschaulichung können die Stile in Stilfamilien gruppiert werden, damit sie verglichen und gegenübergestellt werden können. Biere können auch nach Herkunftsland gruppiert werden, um die Geschichte des Bieres in einem Land besser zu verstehen oder um mehr über einen lokalen Markt zu erfahren. Jede dieser Gruppierungen ist vollkommen akzeptabel. Die Stile wurden nur gruppiert, um die Wettbewerbsbeurteilung zu erleichtern. In Anhang A finden Sie alternative Gruppierungen von Stilen.

Benennung von Stilen und Kategorien

Einige Leute verlieren sich so sehr in den spezifischen Namen, die wir für Bierstile und -kategorien verwenden, dass sie die eigentlichen Beschreibungen der Stile nicht zu verstehen scheinen. Unsere Namen sind lediglich Bezeichner, die wir ausgewählt haben, um die beschriebenen Stile und Gruppierungen am besten darzustellen. Die Stile wurden zuerst benannt, dann nach ähnlichen Merkmalen oder Herkunftsgebieten gruppiert und schließlich die Gruppierungen benannt.

Wir verstehen, dass viele dieser Stile unterschiedliche Namen haben können und in verschiedenen (oder sogar denselben) Teilen der Welt tatsächlich unterschiedlich bezeichnet werden. In der Vergangenheit haben wir häufig mehrere dieser Namen im Stiltitel verwendet, um eine Bevorzugung zu vermeiden. Dies führte jedoch zu häufig dazu, dass Menschen alle Namen fälschlicherweise gleichzeitig verwendeten. Wir bitten um Verständnis, dass wir daher Namen ausgewählt haben, die entweder allgemein verwendet werden oder den Stil beschreiben, möglicherweise ohne einem lokalen Namen zu entsprechen. Wir beabsichtigen nicht, Brauereien mitzuteilen, wie sie ihre Produkte nennen sollten. Wir versuchen lediglich, gemeinsame Namen zu etablieren, die als universelle Referenzen verwendet werden können.

Einige von uns verwendete Namen sind geschützte Bezeichnungen. Wir sagen nicht, dass diese nicht respektiert werden sollten oder dass alle kommerziellen Brauereien diese Namen verwenden sollten. Dies sind vielmehr die am besten geeigneten Namen, um die Stile zu beschreiben. Um dieses Konzept besser zu verstehen, nehmen Sie einfach an, dass an jedem Stilnamen implizit eine Endung „-Stil“ haftet. Da dies Stilrichtlinien sind und es natürlich in allen Fällen um Stile geht, wollen wir diese „-Stil“-Endung jedoch nicht in den Namen verwenden.

In einigen Fällen mussten wir Namen wählen, die ein Herkunftsland oder eine Herkunftsregion enthalten, um zwischen Stilen zu unterscheiden, die denselben Namen verwenden (wie z. B. Porter). Die Namen, die wir in diesen Fällen verwenden, sollen beschreibend sein und nicht unbedingt der Bezeichnung der Produkte auf den lokalen Märkten entsprechen. Daraus sollte man nicht schließen, dass wir den Brauern sagen, dass sie ihre Biere umbenennen sollten.

Die Verwendung von Länder- oder Regionsnamen in Stil- und Kategorienamen soll auch nicht bedeuten, dass diese Stile nur in diesen Ländern oder Regionen hergestellt werden, sondern lediglich, dass sie entweder aus diesen Gebieten stammen oder in diesen Gebieten populär gemacht wurden. Viele Stile sind mittlerweile annähernd weltweit vertreten, mit feinen Unterschieden die lokalen Zutaten betreffend. Denken Sie an die implizite Namensendung „-Stil“, wenn Sie die Unterschiede von Produkten betrachten und fragen Sie sich, ob sie wirklich einen unterschiedlichen Stil darstellen oder einfach normale Variationen sind, die Sie von Brauereien eines ähnlichen Produkts erwarten würden.

Wir verwenden keine Länder- oder Regionsnamen, um das Eigentum oder eine andere herausragende Stellung anzuzeigen. Sofern gebräuchliche Namen existieren, bevorzugen wir diese als Stilnamen anstatt weitläufig geografisch basierter Namen. Wir verstehen, dass manche Namen politische, ethnische oder soziale Konflikte bergen. Zu alledem nehmen wir keinerlei Position ein – wir versuchen, Biere zu beschreiben, nicht Streitigkeiten beizulegen.

Verwendung der Stilrichtlinien

Bei der Erstellung früherer Versionen der Stilrichtlinien, hatten wir noch keine Ahnung, welche Verbreitung sie erlangen würden. Wir hatten anfangs die Absicht eine Reihe standardisierter Stilbeschreibungen für Heimbrauwettbewerbe zu erstellen, stellten jedoch mit der Zeit fest, dass sie weltweite Verbreitung fanden, um Bier im Allgemeinen zu beschreiben. Viele Länder mit aufstrebenden Craft-Beer-Märkten verwendeten sie als Handbücher für das, was gebraut werden sollte. Verbraucher und Handelsgruppen verwendeten die Stile, um ihre Produkte zu beschreiben. Leider vollzogen viele von ihnen erstaunliche Abwandlungen, die weit über unsere ursprünglichen Absichten hinausgingen, und verwendeten die Richtlinien als eine Art universellem Stein von Rosette für Bier.

Während wir uns darüber im Klaren sind, dass die Richtlinien möglicherweise in einem Kontext missbraucht wurden, der über unsere ursprünglichen Absichten hinausgeht, haben wir ebenfalls beobachtet, dass sie in Wettbewerben und für andere BJCP-Zwecke wie Prüfungsvorbereitungen und Benotungen missbraucht wurden. Einige Leute entwickeln ihre eigenen Fehlinterpretationen der Richtlinien und weisen andere dann oft unwissentlich in ihre missbräuchliche Auslegung ein. Wir hoffen, dass die Informationen in diesem Abschnitt dazu beitragen, zukünftige Fälle von Fehlinterpretation und Missbrauch zu vermeiden. Wenn Sie auf jemanden treffen, der die Richtlinien falsch verwendet, verweisen Sie ihn bitte auf diesen Abschnitt.

Die folgenden Maximen drücken unsere ursprüngliche Absicht aus und sollen ihren Missbrauch begrenzen ohne zu verhindern, die Richtlinien für neue Verwendungen einzusetzen:

  1. Die BJCP Style Guidelines sind Richtlinien, keine Spezifikationen. Nehmen Sie diese Bezeichnung wörtlich im Sinne ihrer ursprünglichen Bedeutung. Richtlinien sollen allgemeine Merkmale der häufigsten Beispiele beschreiben und als Richthilfe dienen. Es handelt sich nicht um streng angewandte Spezifikationen, mit denen leicht abweichende Beispiele bestraft werden. Sie sind Vorschläge, keine harten Grenzen. Gewähren Sie eine gewisse Flexibilität bei der Beurteilung, damit gut gemachte Exemplare belohnt werden können. Die Richtlinien sind detailliert formuliert, um den Prozess einer strukturierten Bierbewertung, wie er bei Heimbrauwettbewerben praktiziert wird, zu erleichtern. Nehmen Sie nicht jede einzelne Aussage in einer Stilbeschreibung zum Anlass, ein Bier zu disqualifizieren.
  2. Die Stilrichtlinien wurden in erster Linie für Heimbrauwettbewerbe geschrieben. Die einzelnen Stilbeschreibungen sind in erster Linie als Bewertungshilfe zu verstehen. In einigen Fällen haben wir versucht, klare Linien zwischen den Stilen zu definieren, um überlappende Bewertungskategorien besser zu vermeiden. Wir verstehen, dass sich einige Stile auf dem Markt überschneiden können und einige kommerzielle Beispiele Grenzen überschreiten können. Wir haben Stilkategorien in einer Weise organisiert, um Heimbrauwettbewerbe organisieren zu können, nicht um die Stile der Welt für andere Interessensgruppen zu beschreiben und zu vermitteln.
  3. Wir wissen, dass viele Leute unsere Richtlinien verwenden. Wir verstehen, dass viele andere Organisationen oder Gruppen unsere Richtlinien für Zwecke verwenden, die über unsere ursprüngliche Absicht hinausgehen. In dem Maße, in dem diese Gruppen unsere Arbeit als wertvoll empfinden, sind wir erfreut, dass unsere Richtlinien Anwendung finden. Wir gestatten die freie Verwendung unseres Benennungs- und Nummerierungsschemas. Bitte machen Sie jedoch keine voreiligen Annahmen über die Eigenschaften von Bieren und Bierstilen basierend auf der Anwendung der Richtlinien über die ursprünglichen Absichten hinaus. Wir wissen auch, dass einige Craft-Brewer unsere Richtlinien verwenden, um historische Stile wiederzuentdecken oder um Stile zu brauen, die nicht in ihrem Land beheimatet sind. Wir freuen uns, dass wir auf diese Weise dazu beitragen können, Craft Beer voranzubringen. Denken Sie daran, dass dies nicht unsere ursprüngliche Mission ist, sondern nur ein erfreulicher Nebeneffekt.
  4. Stile ändern sich im Laufe der Zeit. Die Bierstile ändern sich im Laufe der Jahre und einige Stile bieten Interpretationsspielräume und Stoff für Diskussionen. Nur weil Stilname sich im Laufe der Jahre nicht verändert hat, bedeutet das nicht, dass die tatsächlichen Biere sich nicht geändert haben. Gewerbliche Brauereien unterliegen den Marktkräften und den behördlichen Vorschriften. Ihre Produkte ändern sich definitiv im Laufe der Zeit. Nur weil wir jetzt ein Bier haben, das als Porter bekannt ist, heißt das nicht, dass es in seiner gesamten Geschichte immer in der heutigen Weise hergestellt wurde. Die in den Richtlinien beschriebenen Bierstile sind im Allgemeinen dazu gedacht, die derzeit erhältlichen modernen Biere zu beschreiben, sofern nicht anders angegeben (z. B. in der Kategorie „Historische Biere„).
  5. Nicht jedes kommerzielle Bier passt in unser Bierstilschema. Gehen Sie nicht davon aus, dass jedes Bier genau in eine unserer Kategorien passt. Einige Brauereien produzieren mit Vorliebe Biere, die nicht unseren Richtlinien (oder denen anderer) entsprechen. Einige kreieren Biere, denen sie Stilnamen geben, welche absichtlich nicht unseren Richtlinien entsprechen. Es ist vollkommen in Ordnung, wenn ein kommerzielles Bier nicht zu einem unserer Stile passt. Wir haben nicht versucht, jedes kommerzielle Bier zu kategorisieren – das ist nicht unsere Absicht oder unsere Mission.
  6. Wir haben nicht jeden möglichen Bierstil definiert. Selbstverständlich kennen wir Bierstile, die nicht in unseren Richtlinien definiert sind. Dies liegt womöglich daran, dass der Stil nicht klar zu beschreiben ist oder dass er nicht beliebt ist, dass Heimbrauer den Stil nicht herstellen, dass nicht genügend Beispiele oder Forschungsmaterial vorhanden sind, um ihn angemessen nach unseren Standards zu definieren, oder dass er aus einem Teil der Welt stammt, den wir nicht ausführlich genug besucht haben. Vielleicht ist es ein historischer Stil, der nicht mehr hergestellt wird. Oder vielleicht ist es etwas, von dem wir glauben, dass es nur eine Modeerscheinung ist. Glauben Sie ungeachtet des Grundes nicht, dass unsere Richtlinien die vollständige Kategorisierung jedes Bierstils darstellen, der jemals hergestellt wurde – sie sind es nicht. Sie beschreiben jedoch die Biere, die heute am häufigsten von Heimbrauern und vielen Handwerksbrauereien („Craft Breweries“) hergestellt werden.
  7. Kommerzielle Beispiele ändern sich im Laufe der Zeit. So wie sich die Bierstile ändern, ändern sich auch die einzelnen Beispiele. Nur weil ein Bier einst ein gutes Beispiel für einen Stil war, heißt das nicht, dass es immer ein gutes Beispiel für diesen Stil bleiben wird. Manchmal ändert sich das Bier (beispielsweise mit dem Wechsel der Brauereibesitzers) oder manchmal ändert sich der Stiltrend, aber das Bier nicht. Anchor Liberty war maßgeblich beteiligt, den Stil des Amerikanischen IPA zu prägen, als er geschaffen wurde, jedoch scheint das Bier heute viel mehr typisch für ein American Pale Ale zu sein.
  8. Zutaten ändern sich im Laufe der Zeit. Hopfen ist heute das beste Beispiel. Es kommen ständig neue Sorten mit einzigartigen Eigenschaften auf den Markt. Brauer, die nach einem Unterscheidungsmerkmal suchen, wenden sich möglicherweise schnell neuen Zutaten zu (und geben sie wieder auf). Es ist kaum anzunehmen, dass der Charakter eines Bierstils in Stein gemeißelt ist, wenn sich die darin verwendeten Zutaten fortlaufend ändern. Berücksichtigen Sie diese Änderungen bei der Beurteilung von Bier. Nicht alle Hopfen aus den USA oder der Neuen Welt haben ein Zitrus- oder Pinienaroma. Seien Sie nicht fixiert in Bezug auf das, was zum Zeitpunkt des Schreibens dieser Richtlinien verfügbar war oder allgemein verwendet wurde. Verdeutlichen Sie sich die üblicherweise verwendeten Zutaten und passen Sie die Beurteilung an die sich ändernden Zutaten an.
  9. Die meisten Stile sind ziemlich weit gefasst. Einige glauben, dass unsere Stile die Kreativität der Brauer hemmen, indem sie Grenzen streng vorschreiben. Das ist nicht unsere Absicht. Wir sind der Meinung, dass Kreativität Innovationen vorantreiben kann und dass Brauern Interpretationen erlaubt sein sollten. Nicht jede Innovation ist jedoch eine gute Idee oder führt zu einem Bier, das in derselben Gruppierung von anderen mit demselben Namen erkennbar ist. Stile sollten also so interpretiert werden, dass sie eine gewisse Flexibilität erlauben, dies jedoch innerhalb eines gewissen Rahmens.
  10. Die Stilrichtlinien sind nicht die Zehn Gebote. Die Worte in diesem Dokument sind nicht auf göttliche Eingebung zurückzuführen. Sie wurden von Menschen geschrieben, die sich nach bestem Wissen und Gewissen bemüht haben, Bier so zu beschreiben, wie es der allgemeinen Wahrnehmung entspricht. Betrachten Sie diese Richtlinien nicht als eine Art Heilige Schrift. Verlieren Sie bei der Auslegung der einzelnen Worte nicht die grundlegende Intention aus den Augen. Der wichtigste Aspekt eines jeden Stils ist die Ausgewogenheit und der Gesamteindruck. Das heißt, das Bier sollte an den Stil erinnern und gut trinkbar sein. Wenn Sie sich zu sehr in die einzelnen Kriterien vertiefen, verlieren Sie womöglich die Essenz des Stils aus dem Blick. Die bloße Tatsache, dass sich Stilbeschreibungen von einer Ausgabe der Richtlinien zur nächsten ändern können, sollte das klarste Beispiel dafür sein, dass die Worte selbst nicht heilig sind.

Format einer Stilbeschreibung

Wir haben ein standardisiertes Format verwendet, um Bierstile zu beschreiben. Die Abschnitte in der Formatvorlage haben bestimmte Bedeutungen, die man verstehen sollte, um sie nicht in fälschlicher Weise zu deuten:

  • Gesamteindruck („Overall Impression“). In früheren Ausgaben war dies oft eine einfache Neuformulierung der Abschnitte „Erscheinungsbild“, „Geruch“, „Geschmack“ und „Mundgefühl“. Nun wird jedoch in diesem Abschnitt das Wesentliche des Stils beschrieben, nämlich jene Punkte, die ihn von anderen Stilen unterscheiden und ihn einzigartig machen. Der Gesamteindruck kann auch als eine erweiterte Beschreibung für Verbraucher angesehen werden, mit der das Bier auch für Personen beschrieben und differenziert betrachetet werden kann, die keine ausgesprochenen Bierkenner oder Wettbewerbsrichter („Judges“) sind. Dieser Abschnitt wird zudem den zahlreichen Verwendungszwecken abseits der Beurteilung in Wettbewerben gerecht, denn er erlaubt es ein Bier einfach zu beschreiben, ohne auf die Details einzugehen, die von den Wettbewerbsrichtern benötigt werden.
  • Erscheinungsbild, Geruch, Geschmack, Mundgefühl („Appearance“, „Aroma“, „Flavor“, „Mouthfeel“). Diese vier Abschnitte sind die Grundbausteine des Stils. Sie sind die Wahrnehmungselemente, die den Stil definieren, und die Richtlinien, nach denen ein Bier im Wettbewerb beurteilt wird. Diese Abschnitte wurden aus früheren Richtlinien umgeschrieben, um sich mehr auf die Wahrnehmungseigenschaften der Inhaltsstoffe zu konzentrieren, und nicht auf die Inhaltsstoffe oder den Herstellungsprozess selbst. Die Aussage, dass ein Münchner Helles nach kontinentalem Pilsener Malz schmeckt, ist eine prägnante Wahrnehmungsbeschreibung, außer natürlich, wenn man keine Ahnung hat, wie kontinentales Pilsener Malz tatsächlich schmeckt. Unsere Richtlinien sind so geschrieben, dass ein ausgebildeter Wettbewerbsrichter, der mit Beispielen eines bestimmten Stils nicht vertraut ist, dennoch fundierte Arbeit leisten kann, indem er nur die strukturierte Bewertungsmethode und unsere Richtlinien als Referenz verwendet.
  • Kommentare („Comments“). Dieser Abschnitt enthält Wissenswertes oder zusätzliche Hinweise zu einem Stil, die sich nicht auf die Wahrnehmungsbewertung auswirken. Nicht jeder Stil hat umfangreiche Kommentare, manche sind sehr einfacher Natur.
  • Geschichte („History“). Das BJCP ist keine geschichtliche Forschungsorganisation. Wir verwenden verschiedenste Referenzen, aber wir geben auch zu, dass wir die Geschichte vieler moderner Stile verfasst haben, die in der Literatur nicht zu finden sind. In anderen Fällen wurden ganze Bücher über von uns beschriebene Stile geschrieben, zu denen wir lediglich eine kurze Zusammenfassung einiger wichtiger Punkte präsentieren.
  • Charakteristische Zutaten („Characteristic Ingredients“). Wir versuchen nicht, so viele Details bereitzustellen, um ein Rezept für jeden Stil erstellen zu können, aber wir versuchen sehr wohl, die typischen Zutaten (und in manchen Fällen Herstellungsprozesse) zu beschreiben, die dazu beitragen, den Charakter zu bestimmen, der den Stil von anderen unterscheidet. Nicht jedes Bier wird auf die gleiche Weise oder mit den gleichen Zutaten hergestellt. Wir beschreiben lediglich, was typisch ist, nicht was erforderlich ist.
  • Stilvergleich („Style Comparison“). Dieser in der vorliegenden Fasssung neue Abschnitt dient der Beschreibung, wie sich dieser Stil von ähnlichen oder verwandten Stilen unterscheidet. Manche Leute verstehen einen neuen Stil unter Umständen besser, wenn er im Vergleich zu einem anderen Stil beschrieben wird. Die Juroren möchten gelegentlich die wichtigsten Punkte kennen, die einen Stil von einem anderen abgrenzen. Dieser Abschnitt enthält diese Hinweise, mit denen die Wahrnehmungsnotizen in einen Kontext gebracht werden können, insbesondere für Wettbewerbsrichter, die mit dem Stil nicht vertraut sind.
  • Einreichungsbestimmungen („Entry Instructions“). In diesem Abschnitt werden die erforderlichen Informationen aufgeführt, die von den Wettbewerbsrichtern benötigt werden, um eine Einreichung im angegebenen Stil zu beurteilen. Teilnehmer an Wettbewerben sollten diese Informationen immer bereitstellen. Wettbewerbssoftware sollte diese Informationen immer abfragen. Wettbewerbsveranstalter sollten diese Informationen den Richtern immer zur Verfügung stellen. Die Wettbewerbsrichter sollten diese Informationen immer anfordern, wenn sie nicht bereits angegeben wurden.
  • Eckdaten („Vital Statistics“). Die allgemeinen quantifizierbaren Merkmale des Stils: die Stammwürze als „Original Gravity (OG)“, der scheinbare Restextrakt als „Final Gravity (FG)“, der Alkoholgehalt in Volumenprozent („ABV“), die internationalen Bittereinheiten (IBUs) und die Farbe, ausgedrückt in der Standardreferenzmethode („Standard Reference Method (SRM)“) der American Society of Brewing Chemists (ASBC). Beachten Sie, dass außerhalb der USA, die EBC-Farbangabe („European Brewing Convention“) gebräuchlicher ist, wobei EBC-Wert ungefähr doppelt so hoch ist wie der entsprechende SRM-Wert. Für diejenigen, die mit dem Lovibond-System vertraut sind, entspricht Lovibond in etwa SRM außer in sehr dunkelen Bieren. Puristen sei gesagt, dass wir hier darüber sprechen, was ein Wettbewerbsrichter mit geübtem Auge unterscheiden kann, und nicht was Chemiker mit analytischen Geräten in einem Labor differenzieren können. Beachten Sie, dass diese Werte immer noch Richtlinien und keine absoluten Grenzwerte darstellen. In diese Bereiche fallen die meisten Beispiele, aber nicht jedes mögliche kommerzielle Beispiel eines Stils. Die Werte helfen den Wettbewerbsrichtern bei der Urteilsfindung und dienen nicht dazu, eine Einreichung zu disqualifizieren.
  • Kommerzielle Beispiele („Commercial Examples“). Die Richtlinien benennen etablierte kommerzielle Beispiele, die im Allgemeinen für den Stil repräsentativ sind. Die Anzahl der Beispiele wurde im Allgemeinen gegenüber früheren Ausgaben der Richtlinien reduziert, um die Aktualität leichter zu gewährleisten. Wir beabsichtigen, in Zukunft weitere Beispiele auf der BJCP-Webseite zu veröffentlichen. Ordnen Sie der Reihenfolge der Beispiele in den Richtlinien keine zusätzliche Bedeutung zu. Gehen Sie nicht davon aus, dass jedes kommerzielle Beispiel bei der Bewertung anhand der Stilbeschreibungen perfekt abschneiden würde. Nur weil ein kommerzielles Beispiel als Referenz für einen Stil aufgeführt ist, bedeutet dies nicht, dass jedes Beispiel Weltklasse ist. Einige Biere können falsch gehandhabt werden, und einige Beispiele ändern sich im Laufe der Zeit. Verwenden Sie kommerziellen Beispiele nicht als Maßstab für eine Stilbeschreibung. Beurteilen Sie Wettbewerbsbiere anhand der Richtlinien und nicht anhand der Erwartungen basierend auf einzelnen kommerziellen Beispielen. Ein einziges Bier definiert selten das gesamte Spektrum eines Bierstils. Begrenzen Sie Ihre Erwartungen also nicht so restriktiv.
  • Tags. Um das Sortieren von Stilen nach alternativen Gruppierungen zu erleichtern, haben wir alle Stile mit automatisiert anwendbaren Attributkennzeichnungen versehen. Die Listen der Tags weisen keine bestimmte Reihenfolge. Sie sollen lediglich Attribute oder Informationen zu einem Stil kennzeichnen. Aus den Tags sollte darüberhinaus keine tiefere Bedeutung abgeleitet werden.

Sprache der Stilbeschreibungen

Die Richtlinien bestehen aus einer Reihe umfangreicher Dokumente. Auch einige Stilbeschreibungen sind recht lang. Um zu verhindern, dass der Text langatming und ermüdend wirkt, werden häufig Synonyme verwendet (Worte oder Phrasen, die genau oder annähernd dieselbe Bedeutung haben). Versuchen Sie nicht, solche Synonyme differenzierter zu deuten als es beabsichtigt ist. In der Vergangenheit wurde eine Unterscheidung zwischen leicht und niedrig, mittel und mäßig, tief und dunkel und viele andere ähnliche Beispiele zur Diskussion gestellt. Tatsächlich gibt es bei diesen Worten keine unterschiedliche Bedeutung in dem Kontext, in dem sie verwendet werden. Sie sollen dasselbe bedeuten (meist auch bei entsprechender Wahrnehmungsintensität). Nehmen Sie diese Ausdrücke möglichst wörtlich. Sollten Sie versuchen die Richtlinien derart detailliert zu analysieren, als würden Sie versuchen, eine geheime rückwärts abgespielte Nachricht zu finden, schießen Sie definitiv über das Ziel hinaus.

Wenn wir mehrere Worte verwenden, um ähnliche Dinge zu beschreiben, ist das lediglich das Bemühen um eine wortgewandte Ausdrucksform und die Anwendung eines angemessenen Wortschatzes. Wir wollen keine Sprachpolizei sein, die sagt, dass ein Synonym immer richtig und ein anderes immer falsch wäre. Suchen Sie also nicht nach Inkonsistenzen in der Wortverwendung, und versuchen Sie nicht, differenzierte Unterscheidungen in verschiedene Worte zu deuten, die im Grunde dasselbe auszudrücken. Es ist nicht erforderlich, dass Worte in den Stilrichtlinien genau dieselben Worte sind, die in Bewertungsbögen oder Prüfungen verwendet werden. Achten Sie mehr auf die Vermittlung der Inhalte und weniger um die genaue Ausdrucksweise.

Achten Sie genau auf die Gewichtungen, mit denen die Stile beschrieben werden. Sowohl die Größenordnung als auch die Qualität der einzelnen Merkmale sind von Bedeutung. Beachten Sie auch, dass viele Merkmale optional sind. Biere, die diese nicht benötigten Elemente nicht aufweisen, sollten nicht abgewertet werden. Ausdrücke wie haben eventuell, können enthalten, können aufweisen, sind akzeptabel, sind angemessen, sind typisch, usw. kennzeichnen allesamt optionale Elemente. Erforderliche Elemente werden hingegen in deklarativen Phrasen beschrieben oder es werden Worte wie muss oder soll verwendet. Elemente, die nicht vorhanden sein sollten, werden meist mit Worten wie unpassend, sollte nicht oder darf nicht beschrieben. Nehmen Sie diese Worte wiederum unmittelbar wörtlich.

Konzentrieren Sie sich nicht zu sehr auf einzelne Worte oder Ausdrücke in Stilbeschreibungen, um nicht die grundlegende Aussage zu vernachlässigen. Verstehen Sie den Gesamteindruck des Stils, die allgemeine Ausgewogenheit und wie sich der Stil von verwandten oder ähnlichen Stilen unterscheidet. Gewichten Sie bestimmte Phrasen nicht unverhältnismäßig, wenn dies den Gesamteindruck, das Gleichgewicht und die Bedeutung des Stils verändern würde oder wenn das Bier so aufgrund von Stilproblemen disqualifiziert oder anderweitig abgewertet werden würde.

Diese Informationen entstammen dem Übersetzungsprojekt der BJCP Style Guidelines. Zuletzt aktualisiert: 2020-01-09 15:03.