Mitte Juli fragte ich Paul Briesemeister, den Braumeister der National Jürgens Brauerei, ob ich einmal ein „Schulpraktikum“ (ohne Berichte zu schreiben und im zarten Alter von 49 Jahren) in seiner Brauerei machen könnte. Heute war es soweit.
Da die Tätigkeiten von Paul natürlich wesentlich mehr als das reine Brauen umfassen (Kundengespräche, Auslieferungen, Büroarbeit, etc.) haben wir uns auf einen einzelnen Brautag beschränkt. In dieser Woche stand ein Sud „Gala Hell“ auf dem Plan, neben dem Brunswiek Alt und dem Südsee IPA eines der vier laufenden Biere und neben dem Crab #1 Pale Ale auch eines der Beliebtesten.
Um 7.3o Uhr trafen wir uns an der Brauerei. Der Brautag erstreckte sich dann über 8 1/2 Stunden bis ca. 16.oo Uhr und dauerte damit nur geringfügig länger als mein durchschnittlicher Hobbybrautag, mit dem Unterschied, dass sich anschließend rund 1000 Liter statt 21 Liter im Gärtank befinden.
Die Anlage besteht aus einer Maisch- und Kochpfanne links, einem Läuterbottich rechts und einem dazwischen hinten liegenden Heißwassertank. Dazwischen befindet sich ein über eine Treppe zugängliches ca. 1m hohes Podest, über das die Bottiche von oben zugänglich sind. Die Erhöhung der Bottiche erlaubt die weiträumige Anordnung darunter liegender Pumpen, Kühler und Leitungen, die somit leicht zu reinigen sind. Außerdem ist ein Entleeren des Trebers aus dem Läuterbottich direkt in Wertstofftonnen leicht möglich.
Zunächst wurde der Hauptguss aufgeheizt. Dies geschieht mittels eines Gasbrenners unter der Pfanne. Der Brenner wird dabei ebenso wie Pumpen, Rühr- und Hackwerk, manuell bedient. Einen Controller gibt es nicht. National Jürgens Bier ist insofern sogar noch wahrhaftiger „handgemacht“ als meine kleinen Sude aus dem Grainfather. Vieles beruht dabei auf der Erfahrung des Braumeisters und wird nicht einem Computer überlassen, etwa das Timing bei Abstellen des Brenners um eine Zieltemperatur in der Pfanne zu erreichen.
Die Schüttung aus etwas Sauermalz sowie ca. acht 25kg Säcken Pilsener und Wiener Malz von Weyermann hatte Paul schon bereit gestellt. Nun wurde also die Schüttung geschrotet: Die Sackfüllungen wurden oben in den Trichter der Schrotmühle gekippt und darunter direkt wieder in leere Säcke gefüllt, die dann gleich zum Einmaischen zur Maischepfanne getragen wurden. Zu zweit ging das ziemlich fix, die Mühle schafft einen Sack in geschätzt ca. einer Minute.
Während des Maischens wie auch später während des Läuterns und des Kochens war immer wieder etwas Zeit, in der Paul mir viele Dinge erklärte und auch andere Dinge erledigt werden konnten. So hatten wir ca. 1200 Flaschen bereits abgefülltes Gala Hell mit Hilfe der Etikettiermaschine etikettiert.
Natürlich musste der Gärtank vorbereitet werden. Dazu wurde er je 30 Minuten mit einer Lauge und mit einer Wasserstoffperoxidlösung behandelt und dazwischen und danach gründlich mit Wasser gespült. Die zwei vorhandenen Gärtanks fassen mit 1500l je einen Sud der 10hl Anlage. Sie sind oben geschlossen und besitzen nur seitliche ovale Öffnung für Inspektionen. Das Reinigen verläuft im Normalfall über einen Sprühkopf, der alle inneren Oberflächen zuverlässig benetzt. Die ablaufende Flüssigkeit wird über eine Pumpe abgesaugt und wieder zum Sprühkopf geschickt.
Nach der Maische legt Paul etwas Heißwasser in der Läuterpfanne vor, bevor die Maische herüber gepumpt wird.
In der Vorwoche hat Paul einen besonderen Sud gekocht: einen Barley Wine, der zur Zeit im ersten Gärtank gärt und demnächst in ein Holzfass gefüllt wird, wo er dann mindestens ein Jahr Zeit bekommen wird, um zu reifen. Paul hat uns mal zwei Zwickelgläschen gefüllt. Mit über 20 °P Stammwürze ahnt man jetzt schon was für ein herzerwärmender Trunk das wird.
Nach Ende des Kochens wird die Würze durch einen Plattenkühler auf Anstelltemperatur gekühlt und auf dem Weg in den Gärtank mit steriler Luft angereichert. Die Luftleitung und der Leitungsweg vom Würzekühler bis in den Gärtank wurden unmittelbar davor mit heißem Wasserdampf desinfiziert. Im Gärtank wird die Würze nun auf die direkt dort zuvor rehydrierte Lagertrockenhefe draufgelassen.
Abschließend werden die Sudpfanne, die außenliegenden Teile der Anlage und der Boden mit viel Wasser gereinigt und gespült. Reinigungschemie kommt hier nur in gewissen Abständen und heute nicht mehr zum Einsatz.
Und so endet der Brautag für mich. Paul schenkte mir noch ein paar Flaschen Haustrunk und hat nun noch die zwei Tonnen Treber nach Watenbüttel zur Verwertung als Viehfutter zu bringen. Ich fahre zufrieden und um einige spannende Erkenntnisse reicher nach einem tollen Brautag mit dem sehr sympathischen Braumeister Paul Briesemeister nach Hause und gönne mir…