Adstringenz

Wenn es um die Frage geht, was ich in meinen bisherigen Bieren – vom Stil unabhängig – gerne besser verstehen und verbessern würde, dann steht eine Eigenschaft klar an erster Stelle.

Konkret in zwei Bieren, im #019 Simcoe Pale Ale und vor allem im #014 Real Pale IPA hatte ich eine Eigenschaft, die ich selbst noch gar nicht wirklich einordnen kann. Ich würde sie mit meinem bisherigen Kenntnisstand als eine sehr harrsche, nachhängende, eher unangenehme Bittere beschreiben. Ich habe mehrere Theorien, bin mir aber überhaupt noch nicht sicher, was es ist.

Einerseits glaube ich über Nase, Geschmack und Mundgefühl einen deutlichen Zusammenhang mit der Hefe zu erkennen. Andererseits würde ich mit dem Halbwissen, das ich mir durch das Lesen verschiedener Beitrage angesammelt habe, auf das Stichwort Adstringenz kommen. Das ist das Mundgefühl, das man als ein Zusammenziehen der Zunge beschreibt. Im Bereich von Weinen ist dies der Effekt tanninreicher Rotweine, die ein „pelziges“ Gefühl auf der Zunge verursachen.

Jan Brücklmeier schreibt dazu, dass die Adstringenz im Bier üblicherweise von Polyphenolen (bzw. Tanninen) herrührt. Als mögliche Gründe nennt er eine zu starke Auslaugung der Malze durch zu heißen oder zu großen Nachguss, zu feine Schrotung oder einen zu hohen Maische-pH-Wert. Aber auch große Mengen an Hopfenpflanzenmaterial können mehr Polyphenole eintragen. Außerdem können während der Gärung ausgeschiedene Hopfenharze adstringierend wirken.

Während der Home Brew Bayreuth konnte ich Brian Schlede kurz zu dazu befragen. Natürlich konnte er mir nur so gut helfen, wie meine begrenzten Fähigkeiten, den Effekt zu beschreiben, reichten. Sein Hinweis ging aber in ebenfalls in Richtung der Polyphenole. Sein Tipp wäre der Versuch, beispielsweise mit Kieselsol für eine Klärung zu sorgen.

Wenn ich diese Erklärungsversuche auf meine Sude beziehe, ergibt sich leider kein klares Bild: Die betreffenden negativ auffallenden Sude verliefen beim Maischen und Läutern sehr gut und die Ausbeute war durchschnittlich. Die Mengen des eingesetzten Hopfens ebenfalls. Es wurde stets bei derselben Temperatur von 78 °C abgeläutert. Ob mir dunkle Kräusenflecken entgangen sind, kann ich nicht mehr sagen. Merkwürdig ist auch, dass ich mehrfach eine US-05 eingesetzt habe, aber nur ein Sud war betroffen. Ein anderer mit US-05 nur eine Woche zuvor gebraut, wurde prima und wies das Fehlaroma nicht auf.

Was könnte ich tun?

  • Abmaischen und Nachguss bei 76 °C statt bisher 78 °C. (Kann ich machen, scheint aber eigentlich nicht das Problem zu sein.)
  • Dunkle Flecken von Hochkräusen abschöpfen.
  • Nicht feiner schroten. (Mit der letzten Einstellung bin ich ohnehin sehr zufrieden).
  • Maßnahmen zur Klärung, etwa mit Kieselsol.

„Gefühlt“ hänge ich irgendwie noch der These nach, dass es mit der Hefe zu tun hat, obschon es zumindest im zweiten Fall eine US-05 war, die ich schon öfter eingesetzt hatte. Habe ich zu früh abgefüllt? Dagegen spricht eigentlich insbesondere der zweite Sud, der danach noch mal eine Woche im ersten Keg bei Zimmertemperatur stand und dann in ein zweites Keg umgedrückt wurde. Oder muss das Bier länger reifen? Vier Wochen für ein Pale Ale oder IPA sollten aber eigentlich völlig genügen. Ich bin wirklich ratlos…

Update vom 28.04.: In meiner Verzweiflung, die noch einmal zunahm als ich gestern das #019-Keg an den Hahn genommen habe :-(, ist meine neueste Theorie ein sehr starker Sauerstoffeintrag, auch wenn ich das Aroma nicht als „nasse Pappe“ bezeichnen würde, das ich auch schon bei einem Fehlaromenseminar wahrgenommen habe. In der Tat habe ich bei den letzten Suden Dinge getan, die wohl nicht so vernünftig sind: Ich habe mehrfach während der Hauptgärung direkt im Fermenter gespindelt. Außerdem habe ich beim Abfüllen in Kegs, zwar stets über das Steigrohr oder über einen Schlauch bis zum Kegboden geschlaucht, aber das Keg nie mit CO2 vorgespannt. Hier kann ich also wohl einiges besser machen.

Wenn Ihr einen Tipp für mich habt, wäre ich für Kommentare dankbar. Ihr könnt nach Absprache auch gerne mal vorbei kommen und probieren, worüber ich hier schreibe. Zumindest solange, noch etwas da ist.

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