Anlagenparameter und Wassermengenberechnung

Heute möchte ich meine bisherigen Erkenntnisse über einige Parameter meiner Grainfather-Braunanlage zusammenfassen. Dabei stehen die Aspekte im Vordergrund, die der Sudabwicklung mit Hilfe der Grainfather-App oder der Web-Software, dem Recipe Creator, von Bedeutung sind.

Im folgenden geht es insbesondere darum zu verstehen, wie die Mengen für Haupt- und Nachguss (Mash Water und Sparge Water) ermittelt werden. Dabei orientiere ich mich an den Equipment-Einstellungen, die man sowohl in der Grainfather App als auch im Web-basierten Recipe Creator justieren kann. Vorab sei gesagt, dass die Default-Einstellungen für mich bisher immer recht gut gepasst haben. Daher ist dieser Artikel nicht wirklich wichtig, wenn man einfach nur brauen möchte. Wer aber verstehen will, wie beispielsweise die Maische etwas dicker geplant werden kann, ohne die Zielwerte für Menge und Stammwürze zu verändern, dem könnten die folgenden Zeilen helfen.

Los geht’s. Im Menu – egal ob App oder Recipe Creator – findet man den Punkt „My Equipment“. Die nachfolgenden Abbildungen entstammen dem Recipe Creator. Hier befinden sich vorgefertigte Equipment Profiles. Es bietet sich an, aus dem am besten Passenden – in meinem Fall das 220V-Modell mit Bluetooth Controller – sein eigenes Profile mittels der „Duplicate“ Funktion abzuleiten. Dessen Details können wir anschließend über die „Edit“ Funktion bearbeiten.

Zunächst können hier ein Name und eine Description frei gewählt werden. Darunter legt man fest, mit welchem Einheitensystem man arbeiten möchte. Als Europäer hantiere ich natürlich lieber mit metrischen Größen als mit Galonen und Grad Fahrenheit und stelle meine Wahl für Measurement daher auf Metric. Der Controller Type ist bei mir ein Grainfather Bluetooth Controller. Der Grainfather nutzt bekanntlich einen gemeinsamen Kessel für alle Schritte im Heißbereich, die Number of Vessels ist dementsprechend 1. Ebenso offensichtlich und unveränderlich handelt es sich beim Grainfather um ein RIMS (Recirculating Infusion Mash System).

Der Wert für die Efficiency wird vom Recipe Creator mit 80% vorbelegt, ein Wert den ich meist nicht ganz erreiche. Bei mir sind eher Werte um ca. 76% die Regel, jedenfalls wenn ich die Berechnungen des Kleinen Brauhelfer für die Sudhausausbeute mit einem Faktor von 0,8 zugrunde lege. Der hier eingestellte Wert hat meines Wissens nur Auswirkungen auf spätere Rezeptentwicklungen: In der Grainfather-Philosophie hat jedes Rezept eine angenommene Efficiency, die mit diesem Anlagenparameter initialisiert wird. Der Wert fließt dann in die berechneten Erwartungswerte für Stammwürze, Alkohol, etc. ein.

Im Kleinen Brauhelfer hingegen wäre die Stammwürze ein vom Rezeptentwickler vorgegebener Wert. Die erwartete Sudhausausbeute ist an dieser Stelle noch nicht von Bedeutung. Erst zur Berechnung der Malzmengen gibt man die Brauanlage und damit den Erwartungswert der Sudhausausbeute an, so dass die konkreten Malzmengen automatisch berechnet werden können.

Inwiefern die Efficiency bei Grainfather und die Sudhausausbeute beim KBH wirklich in Zusammenhang stehen, habe ich im folgenden Artikel untersucht, aber noch nicht abschließend verstanden.

Im Abschnitt „Mash“ geht es zunächst um die Maße des zylindrischen Kessels, der für uns gleichzeitig Maisch- und Sudpfanne ist. Eine geringfügige Unebenheit des Bodens und das Volumen von Filter- und Malzrohrmaterial können wir getrost vernachlässigen. Der Kessel hat über die gesamte Höhe einen Durchmesser von 29,5 cm. Die maximale Füllhöhe ist für die Grainfather-Software nicht von Bedeutung. Ich messe sie aber trotzdem für die entsprechende Angabe im Kleinen Brauhelfer. Ich definiere dieses Maximum als die Höhe des Malzrohrstützrings und messe hierfür ca. 50 cm. Die normal nutzbare Höhe ist durch die oberste Markierung der geprägten Skala gegeben. Es sind exakt 43,9 cm. Und siehe da: Dies ergibt die 30 Liter eben dieser Marke:

h * π * (d/2)^2 = 43,9 cm * 3,1415 * (29,5 cm/2)^2 = 30 l

Dieser Wert ist im Equipment Profile als Mash Tun Volume festzuhalten.

Das Malzrohr hat einen Innendurchmesser von 26,8 cm und eine Höhe von ca. 45 cm. Wenn man es auf dem Stützring einhängt, befindet sich unter dem Malzrohr somit ein Raum von ca. 5 cm Höhe, was beim bekannten Durchmesser einem Volumen von knapp 3,5 Litern entspricht. Oberhalb des Malzrohrbodens befindet sich rund um die Malzfüllhöhe außerhalb des Malzrohres ein weiteres ringförmiges Wasservolumen. Bei einer Füllhöhe von 15 cm wären dies immerhin weitere 1,6 Liter. Da es bei dem hier festzulegenden Wert letztlich aber nur um eine lineare Gleichung für die Berechnung der Hauptgusswassermenge für eine gegebene Malzmenge geht, ist mit dem Mash Tun Deadspace nur der konstante Bereich unterhalb des Malzrohres gemeint. Der Default im Recipe Creator von 3,5 Litern passt also.

Einen Mash Tun Loss gibt es bei unserem Grainfather nicht, der Wert hierfür ist also 0 Liter.

Die nächste Größe im Recipe Creator ist die Mash Thickness. Dies entspricht dem Steigungskoeffizienten unserer linearen Gleichung und er bestimmt, wie der Name schon sagt, wie „dick“ die Maische werden soll. Ein größerer Wert bedeutet mehr Wasser bei gleicher Malzmenge also eine „dünnere“ Maische. Der Recipe Creator setzt hier einen Wert von 2,7 l/kg an. Ich habe mir vor einiger Zeit einmal den Javascript Code der Grainfather Calculator Webseite angesehen. Dort findet sich für die Berechnung der Hauptgusswassermenge ebenfalls dieser Faktor wieder, allerdings nur für Malzmengen bis 7,6 kg, was aber für meine Sude bisher nie überschritten wurde. Darüber legt der Web-Calculator übrigens einen Faktor von 2,3 zugrunde. Eine solche diskrete Unterscheidung bei einer Malzgewichtsgrenze finde ich bei meinem bisherigen Verständnis etwas merkwürdig. Sei’s drum.

Mit diesen Parametern haben wir auch schon alles, was wir für eine Formel zur Bestimmung der Hauptgusswassermenge (Mash Water) in Abhängigkeit von der eingesetzten Malzmenge benötigen. Sie setzt sich zusammen aus dem konstanten Totraum unterhalb des Malzrohres und der darüber befindlichen Wassermenge, die benötigt wird, um der Maische zur gewünschten „Thickness“ zu verhelfen:

MashWater(l) = MaltWeight(kg) * Thickness(l/kg) + Deadspace(l)

Es fällt also auf, dass stets dieselbe Maische-Dicke angestrebt wird, unabhängig von der Zielmenge oder -stammwürze. Diese Zielgrößen finden neben anderen Einflüssen erst später beim Nachguss Berücksichtigung.

Der letzte Wert im Abschnitt „Mash“ ist als Grain Absorption bezeichnet. Er gibt die Menge an Wasser bezogen auf das Malzgewicht an, die nach dem Läutern im Treber (oder genauer gesagt außerhalb der Würze) verbleibt. Hier bin ich bisher ebenfalls beim Default von 0,8 l/kg geblieben, der sich auch im Javascript Code des Web Calculator widerspiegelt.

Im folgenden Abschnitt „Sparge“ dürfte der erste Wert Sparge Vessel Volume für unseren Grainfather unerheblich sein. Es erscheint mir aber merkwürdig, dass hier alle vier Default-Equipments den Wert 4,36 enthalten, und zwar sowohl in den metrischen Konfigurationen (4,36 Liter) als auch in den US-Konfigurationen (4,36 gal)! Wie dem auch sei, ich setze den Wert auf 0 Liter. Das Gleiche gilt im Falle unseres Grainfathers für den Wert für Sparge/Lauter Tun Loss, da wir mit unserem „1-Vessel-System“ von Einmaischen bis Kochende keine reinen Transferverluste haben. Der letzte Wert im Abschnitt definiert die Sparge Grain Absorption. Theoretisch könnte man also das absorbierte Wasser zwischen Hauptguss und Nachguss getrennt beschreiben. Wir fassen es aber oben im Abschnitt „Mash“ zusammen und setzen hier im Abschnitt „Sparge“ den Wert auf 0 l/kg. Dies ist auch der Default.

Interessanter wird es nun wieder im Abschnitt „Boil„. Das Boil Volume ist beim Grainfather natürlich das Gleiche wie beim Maischen: 30 Liter. Der nächste Wert Boil Loss gibt das Würzevolumen an, das während des Kochens bezogen auf die Kochzeit verdampft wird. Hier ist wichtig, dass wir in Europa mit unseren 220V-Systemen glücklicherweise deutlich mehr Energie aufbringen können. Dies spiegelt sich auch in den Default-Werten der Konfigurationen im Recipe Creator wider: Die US-amerikanischen 110V-Systeme gehen von 0,53 gal/h (2 l/h) aus, während wir uns in Europa über kräftige, DMS austreibende 3 l/h freuen können. Von diesem Default-Wert bin ich bisher ebenfalls nicht abgewichen).

Der folgende Wert Wort Shrinkage beschreibt den Faktor, um den das Volumen der Würze rein durch das Abkühlen von Koch- auf Anstelltemperatur sinkt. Ich hatte bisher auch hier keinen Grund, den Default von 4% anzuzweifeln.

Die letzte Größe Trub and Chiller Loss bestimmt die Volumendifferenz der Würze zwischen Kochende (und ggf. leichter Abkühlung) im Grainfather und Anstellmenge im Gärbehälter. Dieser Wert müsste aufgrund der zuvor erwähnten „Wort Shrinkage“ termperaturnormalisiert betrachtet werden. Es genügt aber in der Regel ein grober Richtwert, zumal viel größere Einflussfaktoren durch die Hopfenmenge, die in die Kochwürze gelangte Menge an festen Malzbestandteilen und die Qualität des Whirlpools existieren. Hier geben die Grainfather Profile einen Wert von 2 Litern vor, den ich bisher übernommen habe. Ich neige aber dazu, ihn etwas höher anzusetzen.

Nun haben wir auch alle Parameter zur Hand, um die erforderliche Wassermenge für den Nachguss bei gegebener Zielanstellmenge und Kochzeit zu berechnen:

SpargeWater(l) =
BatchVolume(l)
– MashWater(l)
+ MaltWeight(kg) * GrainAbsorption(l/kg)
+ ((BoilTime(min) / 60(min/h))) * BoilLoss(l/h))
+ TrubAndChillerLoss(l)

Ausgehend von dem Zielvolumen (BatchVolume) im Fermenter können wir zunächst natürlich die Wassermenge des Hauptgusses (MashWater) abziehen. Durch das Maischen geht uns in Abhängigkeit von der Malzmenge (MaltWeight) das im Treber von der Würze absorbierte Wasser (GrainAbsorption-Faktor) verloren. Während des Kochens wird in Abhängigkeit von der Kochzeit (BoilTime, in Minuten) und der Verdampfungsrate (BoilLoss, in Liter pro 60 Minuten) Wasser verdampft. Und schließlich entsteht beim Umschlauchen in den Fermenter ein Schwund, den wir einfacherweise pauschal ansetzen (TrubAndChillerLoss). Eigentlich alles ganz logisch, oder?

Damit haben wir die wichtigsten Parameter der Anlage erfasst. Wir können dieses Profile nun zu unserem Default Profile für künftige Brew Sessions machen. Vor der ersten Anwendung kann es aber nicht schaden, ein Rezept neben unserem angepassten Profile auch mit dem passenden Hersteller-Profile zu betrachten und die angezeigten Wassermengen zu vergleichen, um so die Plausibilität unserer Werte zu prüfen.

Rezepte kann man unabhängig von Anlagenparametern gestalten, indem man Größen wie Stammwürze und Bittere festlegt und Malze und Hopfen lediglich in Anteilen ohne konkrete Gewichte beschreibt. Dies ermöglicht es, erst bei der Sudplanung durch das Zusammenbringen von Rezept, Anlagenparametern und einer Zielausschlagmenge konkrete Zahlen für Zutatengewichte und Wassermengen zu errechnen. Hier gibt es aber durchaus sehr verschiedene Implementierungen. Dem Kleinen Brauhelfer gelingt diese losgelöste Betrachtung von Rezepten recht gut, wie ich finde. Die Grainfather-Software erlaubt hingegen nur Rezeptplanungen mit absoluten Ziel- und Zutatenmengen und berechnet nur die Wassermengen in Abhängigkeit von den Anlagenparametern wie oben beschrieben, wenn der konkrete Sud instantiiert wird. Dafür ist aber ein Scaling eines jeden Rezeptes anhand von gewünschter Batch Size und Efficiency der eigenen Anlage möglich, so wie es beispielsweise auch bei den Rezepten auf Maische, Malz und mehr der Fall ist. Stammwürze und Bittere werden hier aber immer in Abhängigkeit von Rezeptwerten berechnet und nicht als Rezeptzielwerte eingegeben. Insgesamt ist dies wohl eine ähnlich elegante Lösung.

Ich glaube, es ist ganz einfach eine Frage der Gewöhnung. Ich hatte mich mit dem Kleinen Brauhelfer befasst, bevor ich die Grainfather-„Rezeptphilosophie“ besser verstanden hatte, und bin somit bislang beim KBH für meine grundlegenden Planungen geblieben.

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